[Wikide-l] Verteidigt Wikipedia ueble Nachrede?

Thomas Hochstein ml at ancalagon.inka.de
Sa Jul 15 11:30:27 UTC 2006


"Michael Bimmler" schrieb:

>> Weil er an einer - nach seinem subjektiven Empfinden - Verbesserung
>> interessiert ist, nehme ich an.
>
> In der Kopfzeile schreibt er "They make the Internet suck. Big time.
> Like, really big time." Es mag sein, dass wir da verschieden denken,
> aber wenn ich so etwas schreibe, dann missbillige ich ein Projekt
> prinzipiell.

Oder mißbillige den Weg, den es nimmt.

> Und bei etwas, das ich prinzipiell nicht billige, mache
> ich nicht mit. Jeder kann ein Fork aufmachen (Stichwort Wikiweise) und
> schauen, ob er mit seiner Theorie, seinen Ideen und seinen Ansichten
> mehr Erfolg hat.

Oder er kann - innerhalb des weiten, durch die vier einzigen Regeln
abgesteckten Raumes - versuchen, seine Theorien, Ideen und Ansichten
in der Wikipedia mehrheitsfähig zu machen. Warum auch nicht?

>> Es wird aber ggf. sehr wohl von ihr verlangt, diesen
>> Artikel/Leserbrief nicht erneut abzudrucken bzw. keine Exemplare mit
>> diesem Aritkel/Leserbrief mehr auszuliefern.
>
> Es würde imho aber nicht von ihr verlangt, diese Stellen im
> Zeitungsarchiv zu löschen. Aber IANAL.

Wenn es öffentlich zugänglich ist: klar doch.

> Nun ja, was wir primär ausliefern, ist die aktuelle Version des
> Artikels. Diese enthält ja diese Äusserungen nicht mehr. IMHO ist die
> Situation hier anders als bei URVs (wo natürlich die betroffene
> Version ganz verschwinden muss), weil "wir" implizit mitteilen, dass
> die Version mit der Beleidung/Verleumdung als unangemessen betrachtet
> wird.

Eine solche "implizite" Mitteilung genügt aber nicht. Es gibt ja nun
gerade keine generelle Aussage der Art "nur die aktuelle
Artikelversion ist einzig richtig und korrekt, alle anderen sind
(soweit etwas zur aktuellen Version hin geändert wurde) komplett und
grundsätzlich falsch und werden von uns mißbilligt". Es soll ja sogar
in seltenen Fällen vorkommen, daß ein Edit eine Verschlechterung oder
Verfälschung darstellt.

> Und nebenbei, ich habe gar kein problem damit, eine version zu
> löschen, wenn sie eindeutig jemanden verleumdet. Aber bei einer
> Bemerkung, bei der, auf jeden fall nach meiner Kenntnis der
> Diskussion, nicht einmal klar ist, an wen sie gerichtet war (I stand
> corrected...), finde ich das ein bisschen diffus.

Ich bin der Ansicht, daß man da abwägen muß. Es scheint mir so zu
sein, daß sich offenbar jemand verleumdet *fühlt*, der Beitrag
verleumderisch *gemeint* ist und zumindest mit ein wenig
Hintergrundwissen wohl auch verleumderisch verstanden werden kann
(letzteres habe ich selbst nicht nachgeprüft). Das spricht aus meiner
Sicht zunächst für eine Löschung. Da man natürlich nicht einfach alles
löschen kann, was irgendjemanden stört oder *möglicherweise*
beleidigend, verleumderisch oder herabwürdigend ist, muß man dagegen
den inhaltlichen Wert des zu löschenden Edits sehen. Ist das ein
Beitrag, der einen bedenkenswerten abweichenden Standpunkt beinhaltet?
Ein wertvoller Bearbeitungsschritt, der ggf. Schöpfungshöhe erreicht?
Ein Inhalt, der für die spätere Entwicklung des Beitrags
nachvollziehbar sein muß? All das scheint mir nicht der Fall zu sein.
Daher würde ich hier für eine Löschung plädieren.

>> das Beispiel paßt insofern nicht, als ein
>> Beitrag in der Wikipedia eben gerade von dieser noch weiter verbreitet
>> wird und sich nicht bereits außerhalb deren Zugriffsbereiches
>> befindet.
>
> Bitte? Wie genau verbreiten wir unsere Artikel?

Durch weltweite Bereitstellung zur Ansicht und zum Abruf im Internet.

>> Das ist - wenn die Verleumdung weiter verbreitet wird - nicht
>> hinreichend.
>
> Wenn Mirrors, Google, Webarchive und whomever alles ungefiltert
> übernehmen ist das deren eigenes Problem und deren eigene Haftung.

Korrekt. Es ging aber um Dein Argument "Auch in einer Zeitung wird
nicht verlangt, Teile *nach Auslieferung am Kiosk* (!) zu schwärzen".
Das ist zwar richtig, paßt aber als Vergleich nicht, da die
Wikipedia-Inhalte (gemeint: die auf dem Serververbund gespeicherten
solchen) nicht aus dem Einflußbereich der Betreiber herausgelangen und
an Kioske ausgeliefert werden - denn das ist der entscheidende Punkt
in Deinem Beispiel.

> Auf
> Wikipedia kann man nun afaik eine Gegendarstellung lesen. Eine
> Gegendarstellung in einer Zeitung wird auch nie alle Leser erreichen
> (z.B. den Mann, der das Heft einmal jährlich beim Zahnarzt liest) und
> trotzdem wird sie als angemessene Reaktion betrachtet.

*Zusätzlich* oder als Alternative zur Nichtweiterverbreitung, ja. Eine
Gegendarstellung ist im übrigen unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt
zu veröffentlichen. Ich glaube nicht, daß *das* in der Wikipedia gerne
gesehen würde. :)

Man muß also bitte trennen zwischen dem presserechtlichen Anspruch auf
Abdruck einer Gegendarstellung und dem Anspruch auf Unterlassung
zukünftiger (Wiederholung) bestimmer Äußerungen.

Grüße,
-thh