[Wikide-l] Re: Buchbinder Wanninger

Gerhard Jahnke Gerhard.Jahnke at gmx.de
Do Sep 15 17:28:29 UTC 2005


Hallo,

am Thu, 15 Sep 2005 15:43:01 +0200 (CEST) schrieb Ruediger Pfeil:

> Nach § 29  Ziff. 1 UrhG ginge eine Urheberrechtsabtretung i.S. des
> amerikanischen "Public Domain"-Begriffes (etwas holperig übersetzt mit
> "Gemeinfreiheit") in Deutschland überhaupt nicht. Abgesehen von Erbschaftsfällen
> können Urheberrechte nicht übertragen werden. Basta.

Völlig richtig. Gemeinfreiheit ist erst nach Ablauf des 70. Jahres nach dem
Tod des Urhebers möglich.

> Damit könnten wir die
> Diskussion eigentlich beenden, denn kein einziges Bild irgendeines deutschen
> Urheberrechtseigentümers (auch kein Architektur- oder Technikfoto) dürfte in 
> WP erscheinen.

Neinnein, Nutzungsrechte kann an ja doch erwerben, das ist was anderes als
das Urheberrecht.

> Zutreffend für unseren Fall ist hier § 31  Ziff. 2, das "einfache Nutzungsrecht".
> Das entspricht ungefähr dem, was die Amerikanerin "Public Domain" nennt.

Ganz im Gegenteil. Wenn jemand das einfache Nutzungsrecht hat, dann darf er
das Werk für sich nutzen, und zwar so, wei der Vertrag das vorsieht, darf
das Werk aber nicht anderen zur Nutzung überlassen, es sei denn, dies wäre
ausdrücklich vereinbart.

> wobei das "einfache
> Nutzungsrecht" aus Ziff. 2 ausdrücklich besagt, "ohne dass eine Nutzung durch andere
> ausgeschlossen ist", will sagen, der Zweite dem das Nutzungsrecht eingeräumt wurde,
> wird gestattet, das Bild, den Text an Dritte - auch mit kommerziellen Verwertungsabsichten -
> weiterzugeben.

Das hast Du missverstanden. Das besagt, dass der Urheber, nicht der
Eigentümer, Nutzungsrechte auch weiteren Personen einräumen darf. Einfache
Nutzungsrechte kann man beliebig oft einräumen, ein ausschließliches
Nutzungsrecht nur einmal.

> Das Urheberrecht behält trotzdem der ursprüngliche Eigentümer.

Nein, nicht der Eigentümer, sondern der Urheber. Das ist ja gerade der
Knackpunkt. Und der Unterschied zum US-amerikanischen Recht.

> Zum Foto des bayerischen Landtagsabgeordneten möchte ich ausserdem nochmals
> der Auffassung widersprechen, der Fotograf habe das Urheberrecht.
>
> Die Wahrscheinlichkeit dürfte gegen Null tendieren. Egal ob Dr. B. oder ich
> zum Fotografen gehen, um uns ein Bewerbungs- oder Pressefoto machen
> zu lassen, das Recht am eigen Bild haben wir schon noch.

Klar, das Recht am eigenen Bild, das ist aber etwas anderes. Der Fotograf
hat trotzdem das Urheberrecht, da er das Foto gemacht hat. Und das kann er,
wie Du richtig zitierst, auch gar nicht abgeben, selbst wenn er wollte. Bei
einem Protraitfoto ist in aller Regel von genügender Schöpfungshöhe
auszugehen.

> Es gibt zwei Ausnahmern, bei denen Sie recht haben, Herr Zenz:
> 1. Wir gehen zu einem Starfotografen, der einen Bildband über
> uns veröffentlichen will. Dann ist der Starfotograf der
> Urheberrechtseigentümer... oder ...

Ob das ein Starfotograf ist oder der Fotograf an der nächsten Ecke, ist
unerheblich. Nur wenn man das Foto von einem Automaten machen lässt oder
per Selbstauslöser, kann man als Fptpgrafierter das Urheberrecht selbst
haben. Wie sollte ein Gesetz denn einen "Starfotografen" von einem normalen
abgrenzen?

> 2. Eine Presseagentur lichtet uns ab. Dann haben dpa, ddp, Reuters
> das Urheberrecht.

Unsinn, das Urheberrecht kann doch nicht weitergegeben werden. Die Agentur
hat das Nutzungsrecht, wahrscheinlich sogar das ausschließliche (ich
vermute, dass die ihre Verträge so formulieren.

> (Es sei denn wir sind mit diesem Foto partout
> nicht einverstanden und erwirken mit fünf renommierten Anwaltskanzleien
> in einem hartnäckigen Prozeß die Herausgabe der Fotos. Das passiert
> durchaus auch hin und wieder.)

Das hat wiederum nichts mit dem Urheberrecht zu tun, sondern mit dem Recht
am eigenen Bild. Der Urheber darf mit dem Bíld alles machen, aber das Recht
zur Veröffentlichung ist durch das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten
eingeschränkt.

> Dass der Fotograf in jedem Fall automatisch das Urheberrecht hat, wäre abenteuerlich.

Wieso? Das ist nunmal geltendes Recht in Deutschland.

> Dann müssten wirklich prophylaktisch alle aus deutscher Quelle stammenden Fotos
> in Wikipedia mit einem Löschantrag versehen werden.

Nein, das wiederum nicht. Wenn jemand, der genügend Verwertungsrechte am
Bild hat, der Wikipedia das weitere Verwertungsrecht zugesteht, ist alles
in Ordnung. Urheberrecht und Verwertungsrecht sind etwas verschiedenes.

Gruß, Gerhard