[Wikide-l] Für wen ist die Wikipedia?

Ralf Hagen rhagen at dingo.saar.de
Mo Aug 22 18:43:57 UTC 2005


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In Wikipedia:Meinungsbilder/Wikipedia:Werkstatt, einem umstrittenen
Vorschlag, demnächst noch mehr Artikel nach einer 10-tägigen
Abstimmungsfrist löschen zu können, schrieb Wiska Bodo als Begründung
für seine Gegenstimme:

    * --Bo Kontemplation 17:41, 22. Aug 2005 (CEST) - Die Idee der
breiteren Öffentlichkeit und Artikeln auf die Beine helfen zu wollen ist
gut. Auch ein ressourcenorientierter Warnhinweis mit Wikilink zu unseren
Regeln. [...] Aber alles zu löschen, was nach 10 Tagen nicht auf den
Bäumen ist und sämtliche weiteren Hinweise und Kennzeichnungen
wegzuwerfen, so als ob wir hier vor allem für die Presse arbeiten und
nicht für ein soziales Projekt mit enzyklopädiecharakter, nein, ganz
sicher nicht! Das habe ich schon im Job und hier möchte ich unscharfe
Regeln behalten!

Ich denke, dies kann man weitergeben: für was arbeiten wir? Früher war
auf der Hauptseite ein gutes Gleichgewicht zwischen "wir stellen unsere
Vorzüge dar" und "war bitten um Mitarbeit". Heute ist die Hauptseite
fast völlig Konsumorientiert. Es gibt viele positive Artikel über die
Wikipedia, und der Grimme-Preis tut sein übriges.

Dafür sind die Qualitätserwartungen extrem gestiegen, und ein
Anspruchsdenken gegenüber den Autoren macht sich breit. Wer nicht einen
perfekten Artikel abliefert, findet sich auf den Löschkandidaten wieder.
Selbst die Lesenswerten sollen durch einen Review gehen. Bei der
Deflation brauchts demnächst eine weitere Kategorie für die Artikel, die
man gut lesen kann und auch was neues erfährt, die also "lesenswert"
sind, die aber nicht unter "Lesenswerte Artikel" gewählt werden. Dafür
werden Artikel als "Exzellente Artikel" gewählt, die so überladen sind,
daß sie keiner mehr lesen kann - ein Vorteil des Hypertext ist es doch,
daß man nicht mehr alles auf eine Seite klatschen muß, sondern mehrere
kleine Seiten schreibt, zwischen denen man ohne weiteres navigieren kann.

Muß das denn sein, daß jetzt fast alles nur noch auf die
Selbstdarstellung ausgelegt ist? Als ich 2003 dazukam, war alles noch in
Maßen. Auf der anderen Seite, klar, die Medien haben dafür gesorgt, daß
das kein Insider-Projekt mehr ist. So wie früher wirds wohl nie mehr
werden. Und es wird immer erzählt, daß jetzt soviele neue Artikel
kommen, daß man die nicht mehr alle prüfen kann.

Kann man nicht? Wir haben über 150 Sysops, und ein vielfaches an Lesern
mehr. Nach dem Wiki-Prinzip sind das alles Autoren. Von den Zahlen her
ist das nichts anderes, als früher. Wenn von den Sysops aber gerade mal
fünf in WP:VA zur Verfügung stehen und den Lesern auf der Hauptseite
vorgegaukelt wird, dies sei eine Enzyklopädie, das hier sind unsere
Musterartikel, bei uns ist alles gute Qualität und fertig zum mitnehmen,
dann ist es meiner Meinung nach kein Wunder, wenn Artikel brachliegen
(ist das schlimm?).

Wenn von einigen Nutzern beschworen wird, "Wikipedia:Ignoriere alle
Regeln", auf der anderen Seite aber Nutzer und Sysops dastehen, die
peinlichst selbst Richtlinienverstöße sofort reverten (Weltjugendtag
2005) und wir zwar eine Wikiquette haben, die aber langsam vereinsamt,
weil sie so wenig Besuch bekommt, dann nutzt das doch alles nichts mehr.

Ja, es ist schön, seinen Namen in der Zeitung zu lesen. Ja, es macht
auch Spaß, wenn ein Projekt, an dem men arbeitet, öffentlich gelobt
wird. Wenn das aber zum Selbstzweck wird - das sehe ich momentan hier -,
dann ist das zuviel des guten. Es wäre schön, wenn die Wikipedia aus
ihrem Bekanntheitstaumel wieder aufwachen würde. --Dingo 20:42, 22. Aug
2005 (CEST)
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