[Wikide-l] Oh, mal wieder ein sehr netter Artikel - Kommentar + konkrete Vorschläge

Daniel Arnold arnomane at gmx.de
Fr Okt 29 09:01:01 UTC 2004


Hallo,

Mit einigem Schmunzeln aber auch nachdenklich betrachte ich nun schon eine 
Weile diese Diskussion bezüglich der Qualität der Artikel und der Problematik 
der kompetenten Schreiber. Mein anfänglicher Eindruck, war das einige in eine 
leichte Herbstdepression verfallen sind, während andere der absolute 
Perfektionsdrang treibt und wieder andere das ganze ganz easy entspannt und 
locker sehen.

Zunächst muss ich mal mal eins sagen:

Wikipedia ist nicht ohne Grund eine der am häufigsten aufgerufenen Seiten im 
Internet. Wikipedia muss den ganzen Lesern irgend einen Mehrwert bieten, 
sonst würden sie sich schnell davon abwenden (zumal es für Trolle wesentlich 
bessere Foren gibt).

Gestern erzählte mir eine Freundin, dass sie im Geschichtsunterricht 
(Gymnasium in Bayern, 13. Klasse Leistungskurs Geschichte) dazu aufgerufen 
werden auf den nächsten Tag sich mit Hilfe von Wikipedia eine Übersicht zu 
bestimmten Themen zu verschaffen und bereits sehr oft gute Infos gefunden 
haben. Die Literaturliste am Ende der Artikel ist dann oft ein Anhaltspunkt 
um bspw. in die Unibücherei zu gehen und sich gezielt weitere Bücher 
auszuleihen um das Thema zu vertiefen. Und Geschichte/Politik ist sicher 
eines der Themen, wo in Wikipedia gerne mal ein Streit vom Zaun gebrochen 
wird, aus welchem Grund auch immer, und somit diese Artikel (laut Ansicht von 
Uli bspw.) unter Schwachsinnsüberflutung leiden müssten. Das dem im Groben 
und Ganzen nicht so ist zeigt auf welchem Niveau wir hier klagen. Das 
Beispiel zeigt auch eins: Wikipedia ist noch kein Werk mit dem man sich 
umfassend (ohne andere Quellen zu benötigen) informieren kann, aber die 
Ansprüche an eine klassische Enzyklopädie (durchaus auch mal längere Artikel 
zu einem Thema, aber keine seitenstarke wissenschaftliche Abhandlung) erfüllt 
sie für viele Dinge in jedem Fall.

Auch denke ich sind die Probleme in der Wikipedia nicht gleichverteilt. Nach 
meiner Ansicht, sind die Geisteswissenschaften insbesondere die im Dunstkreis 
von Religionen besonders gefärdet. Naturwissenschaften, Technik und 
Mathematik sind in der Regel relativ verschont geblieben, wenn man von 
einzelnen Themen absieht, die gerne in den Medien auftauchen (wie 
Treibhauseffekt - an dem Artikel hab ich bisher aufgrund einiger Hohlmeisen 
noch nicht so die rechte Lust finden können, er braucht aber dringend 
Verbesserung) oder mit Religion in Konflikt stehen (wie Evolution) oder von 
spinnerten Erfindern malträtiert werden.

Aber: Bislang funktioniert die Wikipedia doch großartig, angesichts ihres 
offenen Prinzips. Natürlich treten immer neue Probleme zu Tage, aber man kann 
sie nicht alle auf einmal lösen und es ist doch erstaunlich wie gut es bisher 
trotz allem geklappt hat.

Um nicht weiter in das übliche man-müsste/man-sollte/so-geht-das-nicht-weiter 
auch einzustimmen habe ich mir ein paar konkrete Gedanken gemacht (die aber 
sicher ich nicht umsetzen werde, da ich nicht wirklich gut programmieren kann 
und genug anderes zu tun habe):

Intelligente algorithmische Editregeln:

* Ab einer bestimmten Editierhäufigkeit (Anzahl geänderter Bytes pro 
Zeiteinheit oder einfacher Versionen pro Zeiteinheit) darf eine Seite nur 
noch von angemeldeten Usern bearbeiten werden. Dies kann per Software 
vollkommen automatisch geschehen und passt sich dynamisch der Situation an.
Grund: Der Artikel wird eh von genug Leuten beobachtet und somit die Fehler 
(sofern Einigkeit besteht) schnell behoben. Zweitens kann man so eine 
sprunghafte Aufmerksamkeitssteigerung aufgrund von Onlinenachrichten (wie im 
Falle einer kleinen Ortschaft durch heise.de) und somit eine Flut an 
virtuellem Grafitti von Leuten, die mal eben dem Link gefolgt sind und 
Wikipedia noch nie gesehen haben, ausbremsen.

* Ab einer bestimmen Quote Diskussionsbeiträge zu Artikelbeiträge bekommt ein 
Benutzer vor dem Einfügen seines neuesten Diskussionsbeitrags eine kleine 
automatische Aufforderung, sich doch auch mal an den Artikeln zu beteiligen 
und ein paar seiner sicher vielen Vorschläge zu Artikeln selber umzusetzen, 
da Wikipedia kein ausschließliches Diskussionsforum ist, sondern von 
Artikelarbeit lebt.
Grund: Dampfplauderer die keine Substanz von sich geben werden somit sanft 
ausgebremst und vielleicht ein wenig nachdenklicher, was ihre bisherige 
Mitarbeit anbelangt.

* Ab einer bestimmten Anzahl von Löschen/Ersetzen-Operationen (erweiterter 
Editkonflikt) pro Zeiteinheit wird ein Benutzer gebeten, sich doch mal mit 
dem/den Kontrahenten auf der Diskussionseite vorher auf einen gemeinsamen 
Nenner zu einigen oder sich mal eine kleine Auszeit zu gönnen und an die 
frische Luft zu gehen. Dies kann noch mit der Quote der Diskussionsbeiträge 
zu diesem Artikel kombiniert werden, so dass Benutzer die 
diskussionsunwillige Kontrahenten zum Diskutieren auffordern nicht so schnell 
diese Nachricht kriegen.
Grund: Artikel deren Versionsgeschichte Kilometerlang ist haben fast 
auschließlich solche Bearbeitungseigenschaften. Zwei Parteien prallen 
aufeinander und eine Verlangsamung des Tempos trägt sicher zur Ankühlung des 
Konflikts und somit zu seiner Lösung/Entschärfung bei. Benutzer, die sich 
jeglicher Diskussion verweigern erlangen automatisch einen Nachteil und geben 
wohl somit eher auf.

All die Vorschläge lassen sich sicher noch verallgemeinern und bestimmt gibt 
es noch weitere sinnvolle automatisierbare Regeln. Des weiteren kann man ja 
noch ein zweites höher angesetztes Hardlimit einführen, dass einem Benutzer 
das Editieren eines bestimmten Artikels/aller Artikel für eine gewisse Zeit 
verwehrt wird.

Der Vorteil einer solchen Herangehensweise:
*vollkommen automatisch, es ist also bedeutend weniger Arbeit für Admins bspw. 
und außerdem sind Computer persönlichkeits- und leidenschaftslos. Mit einem 
Computerprogramm lässt sich schlecht anlegen, falls man sich ungerecht 
behandelt fühlt.
*Keine inhaltliche Wertung und somit können Leute, die trotzdem das Krakelen 
anfangen, kein Zensur- und Verschwörungstehorieblabla von sich geben. (gut 
einige werden das auch so tun, weil SIE stecken ja hinter allem, aber diesen 
armen Gestalten kann man nur noch durch Sperrung des Accounts helfen)
*Es tritt trotzdem ein inhaltlicher Lenkungseffekt hin zu mehr Sachlichkeit 
und kooperativem Miteinander auf und somit eine qualitative Verbesserung.

Ich denke es ist vielleicht ganz praktisch, wenn wir gewisse Richtlinien 
zusammentragen, denen der Inhalt und die Gemeinschaft der Wikipedia genügen 
soll und wie man mittels einfacher automatisierbarer Regeln einen 
Lenkungseffekt in ihre Richtung erreicht.

@Uli (aber auch alle anderen), du bist doch Programmierer. Du könntest doch 
zur Realisierbarkeit dieser Idee einen fundierten Kommentar abgeben und wenn 
sie dir gefällt und du Lust und Zeit hast dich mit anderen zusammen 
dahinterklemmen, dass man derartiges in MediaWiki einbaut.

Grüße,
Daniel Arnold (Arnomane)

P.S.: Jetzt muss ich mal meine Antwortmail an die ESA weiterbasteln. Englisch 
ist einfach zäher zu schreiben. ;-) Ich überlass sie aber vorm Versenden 
nochmal eurem kollektiven Fegefeuer.