[Wikide-l] Verstoß gegen mein Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf Ihrem Webserver
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Di Jul 18 03:14:02 UTC 2006
Es wurden einige Argumente gegen die nach Bearbeitungszahlen sortierte
Auflistung der Artikelbearteitungen genannt, die ich nicht ganz
nachvollziehen kann. Ich möchte diese Auflistung mal vergleichen mit
dem Ergebnis einer Literatursuche (nach Büchern oder Zeitschriftenartikeln)
mit dem Autornamen als Suchparameter. Die Suchmaschinen, die diese
Funktionialität anbieten, sind mit Sicherheit auch in Deutschland legal.
1. U.F. beklagte sich, dass die Auflistung nicht seine "Interessengebiete
im realen Leben" wiedergebe sondern seine "Tätigkeitsschwerpunkte" in
der Wikipedia. Sowas kann einem bei den Literatursuchmaschinen aber
auch passieren: Häufig werden die Ergebnisse von Diplom- oder
Magisterarbeiten publiziert und danach nichts weiter, wenn man nach
dem Studium keine wissenschaftliche Karriere verfolgt. Die dann sehr
kurze und jeder interessierten Person durch Literatursuche zugängliche
Veröffentlichungsliste gibt ebenfalls meistens nicht die
Interessensgebiete im realen Leben wieder sondern die
Tätigkeitsschwerpunkte gegen Ende des Studiums. Häufig hat man sich
nicht einmal selbst das Thema der Abschlussarbeit ausgesucht, sondern
es wurde vom betreuenden Professor vorgegeben.
Und schließlich ist auch eine Situation denkbar, die vollkommen analog
ist zu der, die U.F. jetzt so übel aufstößt:
Jemand könnte eine Abschlussarbeit zum Thema "Sexueller Missbrauch von
Kindern" geschrieben haben, nicht weil ihn das Thema schon immer
brennend interessierte, sondern weil er zufällig eine Veröffentlichung
gelesen hatte, in der haarsträubender Unsinn stand, dem er durch
eigene Untersuchungen etwas entgegensetzen wollte.
Fälle, in denen jemand nicht zu seiner Publikationsliste stehen kann,
dürften ziemlich selten vorkommen. Ich glaube nicht, dass man jemals
ernsthaft erwogen hat, nur wegen dieser paar Fälle die Autorensuche auch
für alle anderen Autoren zu unterbinden bzw. ein Opt-In zu verlangen.
2. U.F. meinte auch, dass niemand, der sich 2003 bei der Wikipedia
anmeldete, voraussehen konnte, dass 2006 jemand solche Auswertungen
produzieren würde. (Man hätte es voraussehen können, zumal als
Informatiker, aber das ist nicht der Punkt.) Die Literaturdatenbanken
enthalten heute auch Einträge aus der Vor-Computer-Zeit. Von diesen
Autoren konnte tatsächlich niemand voraussehen, dass alle ihre Arbeiten
einmal maschinell erfasst würden. Trotzdem bittet heute niemand
nachträglich um ihre Erlaubnis. Wenn alles Unerwartete verboten wäre,
gäbe es keinen Fortschritt. Heute ist es üblich, einen Wissenschaftler
nach der Anzahl seiner Veröffentlichungen und ihrer Zitierhäufigkeit
zu bewerten, aber vielleicht gibt es zukünftig geeignetere
computergestützte Methoden? Oder man könnte, um auch ein Beispiel
außerhalb der Wissenschaft zu nennen, Romane etc. computergestützt
analysieren nach z.B. Komplexität der Sätze und dem Vokabular
(interessant besonders für Menschen, für die die Sprache, in der das
Buch geschrieben ist, eine Fremdsprache ist). Mit Opt-In wäre das alles
entweder überhaupt nicht möglich oder viel zu aufwändig.
2003/2004 konnte man übrigens anhand der "letzten Änderungen" oder der
Benutzerbeitragsliste ebenfalls sehen, dass U.F.'s größter
Tätigkeitsschwerpunkt die Kindesmissbrauchs-Artikel waren. Damals hätte man
das ebenso gut wie heute als Interessensgebiet im realen Leben
fehlinterpretieren können. Warum dann heute der Aufstand? Das einzig Neue
am "contribution_tree"-Tool ist die Verewigung dieses Zustandes, die aber
problemlos mit einem Opt-Out zu verhindern wäre.
Außerdem möchte ich mal daran erinnern, dass von Anfang an klar war, dass
eine notwendige Konsequenz der freien Bearbeitbarkeit der Artikel die
gegenseitige Kontrolle der Bearbeiter ist. Hauptzweck des Tools ist es,
diese Kontrolle zu vereinfachen. Ich finde nicht, dass man darauf zählen
konnte, sich für alle Zeiten hinter einer unübersichtlichen
chronologischen Beitragsliste (Spezial:Contributions) verstecken zu
können.
Allerdings ist es nicht besonders günstig, nach der Bearbeitungsanzahl der
Artikel zu sortieren. Besser wäre die beigetragene Textmenge, die sich
gegenwärtig noch im Artikel befindet. Im Artikel "Sexueller Missbrauch von
Kindern" ist z.B. heute wahrscheinlich nichts mehr von U.F. zu
kontrollieren, trotz der hohen Bearbeitungszahl. Die Sortierung nach
beigetragener Textmenge ist nur leider viel schwieriger zu realisieren.
Jah
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