[Wikide-l] Re: Buchbinder Wanninger

Paul Ebermann Paul-Ebermann at gmx.de
Fr Sep 16 00:18:46 UTC 2005


<ruediger.pfeil at arcor.de> skribis:

> hmm, dann schauen wir uns mal das UrhG i.d.F. vom 01.08.2002 an:
>
> >§ 29 UrhG Rechtsgeschäfte über das Urheberrecht
> >
> >(1) Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung
> >einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung
> >übertragen.
> >(2) Zulässig sind die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31), schuldrechtliche
> >Einwilligungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie die in § 39 geregelten
> >Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.
>
> Nach § 29  Ziff. 1 UrhG ginge eine Urheberrechtsabtretung i.S. des
> amerikanischen "Public Domain"-Begriffes (etwas holperig übersetzt mit
> "Gemeinfreiheit") in Deutschland überhaupt nicht.

Das amerikanische "in die public domain entlassen" ist
auch keine Übertragung des Urheberrechtes (was es dort
auch nicht wirklich gibt), sondern ein Erlöschen desselben.

Sonst hätte ja nachher jemand anders das Urheberrecht.

> Abgesehen von Erbschaftsfällen
> können Urheberrechte nicht übertragen werden. Basta. Damit könnten wir die
> Diskussion eigentlich beenden, denn kein einziges Bild irgendeines deutschen
> Urheberrechtseigentümers (auch kein Architektur- oder Technikfoto) dürfte in
> WP erscheinen.

Netterweise muss man auch nicht das "Urheberrecht" übertragen,
damit das Bild erscheinen darf.

Es reicht, wenn der Inhaber des Urheberrechtes (oder jemand,
der von diesem Inhaber ein hinreichendes Recht eingeräumt
bekommen hat) "uns" ein hinreichendes Nutzungsrecht einräumt.

(De facto heißt das, dass er/sie das Bild unter GFDL (oder
 CC-BY-SA) freigeben muss, eventuell geht auch noch eine Art
 "Pseudo-Gemeinfreiheit".)

> Können wir aber nicht, denn es gibt noch die ominösen Ziff. 2 im § 29 UrhG.
> Der formuliert eine Ausnahme und verweist auf den § 31 UrhG:
>
> >§ 31 UrhG Einräumung von Nutzungsrechten
> >
> >(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder
> >alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches
> >oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt
> >eingeräumt werden.
> >(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art
> >zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.
> >(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss
> >aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen.
> >Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35
> >bleibt unberührt.
> >(4) Die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten
> > sowie Verpflichtungen hierzu sind unwirksam.
> >(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht
> > ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden
> > Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es
> > sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht
> >eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches
> > Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen
> > und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.
>
> Zutreffend für unseren Fall ist hier § 31  Ziff. 2, das "einfache Nutzungsrecht".
> Das entspricht ungefähr dem, was die Amerikanerin "Public Domain" nennt.

Nicht ganz. Public Domain heißt: "Jeder kann damit machen was er will,
ohne dass es da noch urheberrechtliche Maßnahmen dagegen gibt."

Beim einfachen Nutzungsrecht berechtigst du eine Person (genau die,
der du dieses Nutzungsrecht einräumst) zu einer oder mehreren
Nutzungsarten, und hältst dir die Option offen, auch weiteren Personen
dieses Recht einzuräumen.
Das kann durchaus in der Form geschehen, dass du sagst "macht damit
was ihr wollt", und das Ergebnis ist der Gemeinfreiheit ziemlich nah.

> Es gibt
> jedoch einen wesentlichen Unterschied: Deutsche können nicht endgültig auf ihr
> Urheberrecht verzichten. Sie können eine Erklärung nach § 31  Ziff. 2 UrhG abgeben
> und mir, Ihnen oder Wikipedia gestatten, das Foto zu verwenden, wobei das "einfache
> Nutzungsrecht" aus Ziff. 2 ausdrücklich besagt, "ohne dass eine Nutzung durch andere
> ausgeschlossen ist", will sagen, der Zweite dem das Nutzungsrecht eingeräumt wurde,
> wird gestattet, das Bild, den Text an Dritte - auch mit kommerziellen
> Verwertungsabsichten - weiterzugeben.

Nein - die Klausel "ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen
ist" bedeutet, dass der Urheber selbst auch anderen Leuten ein einfaches
Nutzungsrecht einräumen darf, nicht dass der Zweite das Nutzungsrecht
weitergeben darf. Dafür bräuchtest du eine andere Klausel.

> Das Urheberrecht behält trotzdem der ursprüngliche Eigentümer.

Sowieso.

> Der Vorhang ist zu und alle Fragen offen.
>
> Zum Foto des bayerischen Landtagsabgeordneten möchte ich ausserdem nochmals
> der Auffassung widersprechen, der Fotograf habe das Urheberrecht.
>
> Die Wahrscheinlichkeit dürfte gegen Null tendieren. Egal ob Dr. B. oder ich
> zum Fotografen gehen, um uns ein Bewerbungs- oder Pressefoto machen
> zu lassen, das Recht am eigen Bild haben wir schon noch.

Das Recht am eigenen Bild ist kein Urheberrecht, sondern
orthogonal dazu.

> Dass der Fotograf in jedem Fall automatisch das Urheberrecht hat, wäre abenteuerlich.
> Dann müssten wirklich prophylaktisch alle aus deutscher Quelle stammenden Fotos
> in Wikipedia mit einem Löschantrag versehen werden.

Nein - siehe oben.


Paul