[Wikide-l] URV und Buchfotografieren

Klaus Graf klaus.graf at geschichte.uni-freiburg.de
Fr Feb 18 11:46:28 UTC 2005


On Fri, 18 Feb 2005 01:35:50 +0100
 "Agon S. Buchholz" <asb at kefk.local> wrote:
> Klaus Graf wrote:
> 
>  > Nun steht man staunend vor dem dreisten Anspruch der
> UB Trier zu
>  > § 70 UrhG, der nach meiner Einschaetzung einigermassen
> originell
>  > zu nennen ist und keinesfalls den ueblichen
> Kenntnisstand von
>  > Digitalisierungsprojekten widerspiegelt. [...]
> > Die Anwendung von §
> > 70 auf Digitalisate (und Faksimile-Reprints) mit
> > wissenschaftlichem Kommentar ist daher abzulehnen.
> 
> Das ist alles andere als unüblich, 

Wer so faehrlaessig und konfus arbeitet wie du, sollte
vielleicht nicht an diesem Projekt mitwirken, wo es auch um
Genauigkeit geht. Ich beschaeftige mich, wie ich bereits
andeutete, seit vielen Jahren mit Rechtsfragen der Nutzung
von Kulturgut, also verbitte ich mir alberne Belehrungen
ueber Dinge, die mir ausserordentlich bekannt sind. Und
wenn du noch 100 weitere Rechtevorbehalte anfuehrst, bin
ich trotzdem nicht davon ueberzeugt, dass diese rechtlich
gueltig sind. Es gibt so gut wie keine Rechtsprechung in
diesem Bereich.

(Als Parallele sei der Vorbehalt der obersten deutschen
Gerichte bei der Nutzung ihrer im Internet publizierten
Entscheidungen fuer gewerbliche Zwecke angefuehrt. Obwohl
diese nun wirklich ueber die Rechtsgrundlagen und § 5 UrhG
Bescheid wissen sollten, hat sich herausgestellt, dass
unterschiedliche Rechtsgrundlagen angefuehrt wurden und die
Gerichte nicht bereit sind, gegen gewerbliche Nutzer
vorzugehen, auch wenn diese oeffentlich angekuendigt haben,
solche Entscheidungen gegen den Willen der Gerichte zu
nutzen.)

Meine Ausfuehrungen bezogen sich ausschliesslich auf § 70
UrhG und da bin ich nach wie vor der Ansicht, dass hier die
UB Trier einigermassen originell ist. Wenn du einen anderen
Paragraphen angefuehrt haettest und nicht beliebig einen
Rechtevorbehalt herausgegriffen, haette ich mich zu dem
anderen Paragraphen geaeussert.

Die meisten anderen Projekte behaupten einfach einen
Urheberrechtsschutz, ohne irgendwelche konkreten
Rechtsgrundlagen anzugeben.

Ein Schutz als einfache Datenbank ist, wie bereits
angedeutet, ziemlich unbestreitbar, wenn es sich um ein
groesseres Projekt handelt. Es ist allerdings hoechst
fraglich, ob daraus auch folgt, dass die Entnahme einzelner
Digitalisate gegen die berechtigten Interessen des
Datenbankerstellers verstoesst.

Ein moeglicherweise im Einzelfall zu erwaegender Schutz als
DatenbankWERK ( § 4 Sammelwerke) bezieht sich nicht auf das
einzelne gemeinfreie Digitalisat.

Am verbreitetsten ist die Berufung auf einen
Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, der vom BGH und dem
ueberwiegenden Teil der Fachliteratur nicht anerkannt wird,
der aber trotzdem wirksam ist, da einfache Gemueter (und
konfuse Geister wie asb) sich davon meist abschrecken
lassen.

In den USA, wo durch eine rechtskraeftige
Gerichtsentscheidung Bridgeman v. Corel 1999 die Sachlage
der originalgetreuen Gemaeldekopien geklaert ist, kuemmern
sich die meisten Digitalisierungsprojekte nicht im
geringsten um die klare Rechtslage, siehe dazu
http://blog.librarylaw.com/librarylaw/2004/07/the_public_doma.html

§ 70 UrhG hatten wir ja schon abgehandelt.

§ 71 UrhG (siehe [[editio princeps]]) kommt nur fuer
bislang unveroeffentlichte Dokumente in Betracht.

Andere Anspruchsgrundlagen als das UrhG:

Vertragsrecht: Es wird der Besuch der Seite nur
ermoeglicht, wenn der Surfer einer Nutzungsvereinbarung
ausdruecklich zustimmt. Ist diese dagegen nur irgendwo im
Impressum nachzulesen, wird man bezweifeln, dass eine
wirksame Einbeziehung vorliegt.

UWG: Bei oeffentlichen Institutionen duerfte es schon an
der erforderlichen Voraussetzung des
Wettbewerbsverhaeltnisses scheitern. Eine Monopolisierung
gemeinfreier Werke ist via UWG nach der nach wie vor im UWG
zitierten uralten BGH-Entscheidung Apfelmadonna nicht
moeglich.

Markenrechte sehe ich bei Digitalisaten nicht.

Klaus Graf