[Wikide-l] Oh, mal wieder ein sehr netter Artikel

Ulrich Fuchs mail at ulrich-fuchs.de
Mi Okt 27 16:07:27 UTC 2004


> ich unterbreche hier schon einmal. Nehmen wir das Beispiel "Enzyklopädie
> der Neuzeit" (diese Kollegen habe ich richtig liebgewonnen). Band 1
> erscheint Mai 2005. Wenn ich mir jetzt also deren Inhalte anschaue, kann
> ich natürlich kritisieren, daß deren Gewichtung nicht stimmt, da ist
> viel zu viel A und viel zu wenig Z.

Stimmt. Aber da ganz Du systembedingt davon ausgehen, dass der rest noch 
kommt. Bei uns musst Du leider systembedingt davon ausgehen, dass der Rest 
nicht mehr kommt (weil wir offensichtlich nicht in der Lage sind, Autoren zu 
gewinnen, die über ihr Fachgebiet schreiben).

> Die EB kritisiert aber, wenn man diesen Punkt zum gegenwärtigen
> Zeitpunkt als lächerlich abwischt, nur, daß unsere Inhalte zur Trash der
> Zeitgeschichte, also Coronation Street zu breit sind. Das lässt sich
> darauf reduzieren, daß sie die Menge kritisieren. Soviel Vereinfachung
> muss sein. Vor allem ist dies ein Hebel zur Verächtlichmachung der
> Jungs, denn der Einwurf ist kein anderes als ein "look, something shiny
> over there". In dem Moment, in dem sie einmal Helmut Birne mit Helmut
> Birne vergleichen und nicht Gemüse, kommen wir der Sache ein wenig näher.

Sorry, aber hier weiß ich nicht, was Du sagen willst??? Vergleich dochmal den 
Artikel Deutschland in der WP mit dem Artikel Deutschland im Brockhaus. Dann 
mach weinend Deinen Browser zu.

>
> Das Gewichtungsargument wird akut, wenn wir in den Print gehen wollen
> oder wenn wir mehr Text haben, als auf eine DVD passt. Such dir aus, was
> eher kommt.

Nein, die Gewichtung widerspiegelt die Teilnehmerstruktur (ein Kennzeichen 
eines Wikis). Und zeugt davon, dass unsere Teilnehmerstruktur nicht passt: Zu 
viel Hobbyisten und googler,  zu wenig Wissenschaftler.

> > dass ein überproportional starker Anteil der Wikipedia und vor allem der
> > Arbeit, die in Wikipedia reingesteckt wird, eben nicht "allgemeines
> > Wissen" sondern "aktuelle Nachrichten" sind, und da hat sie recht.
>
> Im Prozess? Natürlich. Im Effekt? Sicher nicht.

Im Effekt bin ich mir noch nicht sicher, ob unsere Nachrichtenartikel wie 
[[Madrider Zuganschläge]] oder [[Dritter Golfkrieg]] ordentlich zu 
Enzyklopädieartikeln refaktoriert werden (was nötig ist). Im Moment sieht das 
zugegebenermaßen besser aus, als ich gefürchtet habe.

> Natürlich wurden die Artikel zu den Bundesbankpräsidenten angelegt, als
> Welteke auf Seite 1 stand. So what.

Dass man als Journalist in eine Enzyklopädie schauen möchte, wenn der 
Bundesbankpräsident wird, um seinen Seite 1-Artikel zu schreiben. Anders 
formuliert: Journalist kuckt in Whoiswho und Brockhaus, schreibt Artikel, 
Wikipedia schreibt Artikel ab. Falsche Reihenfolge.

> Das ist kein entweder/oder. Du tust damit den Leuten arg unrecht, die
> etwa Nauru so erschließen, wie es bisher kaum in de-Land stattfand. Wenn
> beim nächsten Mal Nauru wieder gefragt ist, wird offensichtlich, daß
> dein Einwand da nicht greift.

Eine der wenigen löblichen Ausnahmen. Nur müssen wir dahin kommen, dass das 
gleiche gleichzeitig mit ca. 220 anderen Ländern auch passiert - und da sind 
wir eben nicht, und es ist fraglich, ob wir mit diesem 
"jeder-schriebt-vor-allem-über-sein-Hobby-und-nicht-üebr-sein-Fachgebiet"-Ansatz 
weiterkommen.

> Auch hier haben wir eine Lösung parat. PD-Quellen. Die EB1911 und
> entsprechende Meyers/Brockhaus sind hierbei eine Möglichkeit, zeitlose
> Dinge einzupflegen. 

Gerade mit den Meyers-Artikeln haben wir uns schon häufig lächerlich gemacht. 
Wir müssen die Qualität selber hinkriegen, und zwar aus der Perspektive, die 
hundert Jahre später gültig ist. Nein - da machst Du Dir es wirklich zu 
leicht.

> Genau hier zeigt sich etwas am Horizont. 1000 Begriffe, die jede
> wikipedia haben sollte könnte ein Hebel genau dafür sein. 

Jo. Wenn die gut wären, wären das dann schon mal 6.5 Promille unserer Artikel. 
Das ist die selbe Kerbe wie die exzellenten Artikel: Wenn das System 
grundlegend besser funktionieren würde, weil die Community eine andere wäre 
(und dass sie keine andere ist, ist etwa im März/April diesen Jahres verbockt 
worden, weil auf einmal die Qualitätskriterien und Zielsetzungen aufgeweicht 
wurden), müsste man nicht so diesen lokalen Optima hinterherhetzen: Diese 
guten Artikel würden von selber entstehen. Dass wir sie massiv mit 
Qualitätsoffensiven, Reviews, exzellenten Artikeln, Schreibwettbewerben und 
was Euch sonst noch alles einfällt pushen müssen, zeugt nur davon, dass die 
Grundidee der Wikipedia ("funktioniert ganz von selber") zumindest derzeit 
offenbar nicht funktioniert. 

Uli