[Wikide-l] Re: URV bei Fotos von Skulpturen im Web/Update

Martin Zeise mail at martin-zeise.de
Do Mär 18 21:02:44 UTC 2004


> Der Konflikt liegt darin, dass wir keinerlei aktuelle Kunst zeigen
> dürften, die auf dem aktuellen Kunstmarkt relevant ist, falls wir
> geltendes Recht uneingeschränkt respektieren. Das schliesst auch
> architektonisch interessante Neubauten aus (z.B. I. M. Pei-Bau in
> Berlin) sowie die Illustration mit Fotos aus anderen Ländern, die so
> etwas wie unsere Panoramafreiheit nicht kennen; wir dürften dann
> beispielsweise auch nahezu keine Fotos von öffentlichen Plätzen in
> Frankreich veröffentlichen. In diesen Bereich fällt übrigens auch das
> berüchtigte Großzitat, das für uns dann ebenfalls tabu sein muss.

Hallo Agon,

hier kann ich dir nicht zustimmen. Aus den Recherchen zu meinem aktuellen
Fall hat sich für mich eindeitig ergeben, dass lt. § 59 UrhRG die
Darstellung von Gebäuden, Plätzen usw. (und dazu zählt auch der Pei-Bau)
zulässig ist, solange das Außenansichten betrifft. Inwieweit das auch für
ausländisches Recht (Frankreich) zutrifft, sei dahin gestellt. Auch ist die
Frage, welches Recht für die deutsche Wikipedia gilt, die ja auf einer in
den USA angemeldeten Domain liegt, noch nicht beantwortet. Dazu kommt ja
auch noch noch das Problem, dass de.wikipedia nicht nur von Autoren mit
Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland bestückt wird. Hier hilft uns das
deutsche UrhRG allein wohl auch nicht weiter und universell gültige
Rechtsnormen sind mir in diesem Zusammenhang auch noch nicht bekannt. Aber
solange es diese nicht gibt, würde ich mich dann eben doch erst mal an das
deutsche Recht halten.

Martin Zeise (Mazbln)



----- Original Message ----- 
From: "Agon S. Buchholz" <asb at kefk.net>
To: "Mailingliste der deutschsprachigen Wikipedia" <wikide-l at Wikipedia.org>
Sent: Thursday, March 18, 2004 8:08 PM
Subject: Re: [Wikide-l] Re: URV bei Fotos von Skulpturen im Web/Update


> Erik Moeller wrote:
>
> > Also: Bitte alle Renaissance-Werke fotografieren, egal, was der
> > Museumsdirektor davon hält. Lasst Euch von einem Obermufti wie Uli
> > nicht einschüchtern.
>
> Wir müssen hier drei Ebenen unterscheiden.
>
> (1) Unser Ziel sollte es grundsätzlich sein, uns um Kooperationen und
> gegenseitigen Goodwill zwischen Content-Bewahrern und Interessen der
> Allgemeinheit (die in diesem Falle wir vertreten) zu bemühen. In vielen
> Fällen wird es ohne Konflikt möglich sein, die Genehmigung für die
> Nutzung des Content zu erhalten. Ich glaube, in diesem Punkt und dieser
> Priorisierung herrscht auch bei uns Konsens.
>
> (2) Wenn Content-Bewahrer sich dagegen sperren, uns die Nutzung von
> gemeinfreien Werken, deren Urheberrecht abgelaufen ist, zu ermöglichen,
> haben wir zwei Handlungsalternativen:
> (a) Wir halten uns an geltendes Recht und Rechtsprechung, respektieren
> Hausrecht und Hausordnung, lassen uns auf keine Konflikte ein, gehen auf
> Nummer sicher (in etwa Ulis Position) - und werden vermutlich ab der
> übernächsten Novelle des Urheber-/ Patent-/ Marken-/
> Wasauchimmer-"Rechts" sicherheitshalber gar keine Bilder oder Texte mehr
> veröffentlichen.
> (b) Wir setzen Eriks Vorschlag einer Guerrilla-Methode um und *suchen*
> bewusst (nicht versehentlich) den Konflikt; wir fotografieren
> Renaissance-Kunstwerke und veröffentlichen sie in der Wikipedia,
> vielleicht sogar in reprofähiger Qualität; wir verletzen
> Verwertungsrechte von Content-Bunkerern à la Corbis, die schon jetzt
> über 70 Millionen Bilder kommerziell vermarkten, darunter exklusiv die
> Kunstwerke einiger namhafter Museen. Wir machen damit die freie
> Enzyklopädie zu einem Kampfschauplatz gegen Kommerzialisierung von
> Kunstschätzen und riskieren mächtig Ärger, verteidigen aber eine gute
> und richtige Sache: Die Vorstellung, dass Kunst Gemeineigentum ist.
> Selbst im alten Rom gab es übrigens schon Gesetze, die das Privatisieren
> von (damals zeitgenössischen) Kunstwerken verboten. Hier gibt es m.E.
> bisher keinen Konsens, weder für Ulis noch für Eriks Position.
>
> (3) Eine verschärfte Problematik liegt im Bereich zeitgenössischer
> Kunst, d.h. im Falle von Werken, deren Urheberrecht nicht abgelaufen
> ist. Ein Testballon ist das Bild vom verhüllten Reichtstag, das nicht
> der Panoramafreiheit unterliegt, m.E. aber auch den Künstlern keinen
> wirtschaftlichen Schaden zufügt.
>
> Der Konflikt liegt darin, dass wir keinerlei aktuelle Kunst zeigen
> dürften, die auf dem aktuellen Kunstmarkt relevant ist, falls wir
> geltendes Recht uneingeschränkt respektieren. Das schliesst auch
> architektonisch interessante Neubauten aus (z.B. I. M. Pei-Bau in
> Berlin) sowie die Illustration mit Fotos aus anderen Ländern, die so
> etwas wie unsere Panoramafreiheit nicht kennen; wir dürften dann
> beispielsweise auch nahezu keine Fotos von öffentlichen Plätzen in
> Frankreich veröffentlichen. In diesen Bereich fällt übrigens auch das
> berüchtigte Großzitat, das für uns dann ebenfalls tabu sein muss.
>
> Hier argumentieren, wenn ich sie richtig interpretiere, Uli und Erik
> übereinstimmend, dass wir hier die Nutzungsrechte und potentiellen
> kommerziellen Interessen der Künstler in vorauseilendem Gehorsam
> respektieren sollten; wir müssten dann eine gigantische Löschaktion
> starten und alle Bilder löschen, auf denen irgendwo ein Markenzeichen
> abgebildet ist, ein KFZ-Kennzeichen gut lesbar ist, eine Person im
> öffentlichen Strassenbild deutlich erkennbar ist, ein Designobjekt
> gezeigt wird (egal ob Lampe, Toaster oder Apple iMac, kann alles
> geschützt sein) usw.
>
> Ich meine dagegen, dass es hier eine Grauzone des begründeten
> öffentlichen Interesses gibt, die es zu nutzen gilt; warum sollen für
> uns andere Regeln gelten als für die aktuelle Berichterstattung in den
> Medien? Allerdings müsste darüber auch Konsens erzielt werden.
>
> Bitte trennt diese drei Ebenen in der Diskussion, sonst reden wir
> ständig aneinander vorbei.
>
> MfG -asb
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