[Wikide-l] Haftungsfrage (war: Re: Vereinsgründung: Jimbo mit einbeziehen)

Kurt Jansson jansson at gmx.net
Mi Nov 12 19:21:58 UTC 2003


Arne Klempert schrieb:
> On Wednesday, November 12, 2003 2:06 PM
> Kurt Jansson <jansson at gmx.net> wrote:
> 
>>Bleibt die Frage, inwieweit der Verein für Rechtsverstöße haftbar
>>gemacht werden kann. Schließlich ist es ein Förderverein, der das
>>Projekt und die Stiftung nur unterstützt.
> 
> Der Verein kann in jedem Fall nicht für etwas haftbar gemacht werden,
> nur weil er "zufällig" den gleichen Namen hat wie eine amerikanische
 > Stiftung.

Wenn dem so ist möchte ich gerne nochmal erklärt bekommen, warum eine 
Vereinsgründung das Problem der konkludenten GbR (gesetzt den Fall, 
diese ist tatsächlich entstanden) lösen wird und mehr Rechtssicherheit 
für unsere Nutzer und vor allem Admins schafft.

Um mal die Aussagen eines Fachmanns in die Diskussion zu streuen, hier 
ein Zitat aus dem Artikel "Offene Rechtsfragen bei Wikis - Anarchisches 
  Inselvolk" von Till Jaeger:

Haftungsgefahr

Die Antwort ergibt sich aus dem Teledienstegesetz (TDG) [12 ]. Wikis im 
Internet sollten als Teledienst anzusehen sein, sodass den 
Wiki-Betreiber eine gestufte Haftung trifft: Für eigene Inhalte ist er 
voll verantwortlich. Eine Abmahnung ist immer dann möglich, wenn er 
urheberrechtlich geschützte Werke Dritter ohne deren Erlaubnis 
veröffentlicht. Texte oder anderer Content, der von einem Wiki-Nutzer 
eingestellt wird, scheint auf den ersten Blick kein eigener
Inhalt des Betreibers zu sein.

Hier ist allerdings Vorsicht geboten! Die Gerichte sind zum Teil 
ziemlich streng bei der Annahme, der Dienstebetreiber habe sich einen 
Inhalt „zu Eigen gemacht“. So können fremde Inhalte bereits dann zu 
eigenen werden, wenn ein Wiki redaktionell betreut wird, wobei es ja 
nicht erforderlich ist, dass sich der Betreiber mit den Inhalten 
identifiziert.

Bei Diskussionsforen und unbetreuten Wikis macht sich der Betreiber 
fremde Inhalte dagegen nicht zu Eigen. Für fremde Inhalte besteht so 
lange keine Haftung, als der Wiki-Betreiber keine Kenntnis davon hat, 
dass diese unrechtmäßig eingestellt wurden. Die Kenntnisnahme ist auch 
maßgeblich für andere rechtswidrige Inhalte wie Beleidigungen oder die 
Verletzung von Persönlichkeitsrechten.

Eine kostenpflichtige Abmahnung droht in diesen Fällen zwar nicht, aber 
sobald der Betreiber von solchen Inhalten auf seiner Seite erfährt,
insbesondere dann, wenn er zur Entfernung aufgefordert wird, muss der 
Wiki-Beitrag auch sofort gelöscht werden. Die Pflicht zur Entfernung 
besteht, obwohl jedermann selbst sofort einen Beitrag aus einem Wiki 
löschen kann. Denn die Gerichte werden dem Verletzten wohl kaum zumuten, 
sich mit der Funktionsweise eines Wikis zu beschäftigen.

Justiz-Irrwege

Ob der Betreiber eines Wikis wirklich so lange ruhig schlafen kann, bis 
er von rechtsverletzenden Beiträgen auf seinen Seiten erfährt, ist noch 
offen: Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einer Entscheidung die 
Auffassung vertreten, das Haftungsprivileg des TDG gelte nicht bei 
Urheberrechtsverletzungen [13 ]. Allerdings ist zu erwarten, dass
dieses Urteil, das die Ziele des Gesetzgebers auf den Kopf stellt, vom 
BGH aufgehoben wird. (fan)

Infos

[12 ]Teledienstegesetz:[http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tdg ]
[13 ]Urteil des OLG München:[http://www.mhv-online.de/olg_urteil.html ]

Der Autor

Dr.Till Jaeger ist Rechtsanwalt der Kanzlei JBB-Rechtsanwälte in München 
[http://www.jbb.de ]. Daneben gehört er der Leitung des von ihm 
mitgegründeten Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source 
Software (IfrOSS) an.


Zitatende. Den gesamten Artikel findet Ihr unter 
http://www.ifross.de/ifross_html/art34.pdf


Kurt