Gut, das Interview ist "over the top". Eines indes habe ich im eigenen
Umfeld erfahren: Die Einrichtung der "gesichteten Version" hat ein
immenses Abschreckungspotential.
Eine Kollegin gab die Überarbeitung eines Artikels auf, bei dem ich Sie
um Rat bat. Sie fand sich fortwährend auf den unsichtbar bleibenden
Entwurf beschränkt - unklar blieb ihr, wo ihre Edits blieben. Daß dann
eine Studentin ihr endlich Hilfe anbot und ihre Versionen sichtete,
hatte Enervierungspotenzial. Die deutsche Wikipedia hat sich hier
erheblich verändert. Uns, die wir die Veränderungen mitmachten, ist das
womöglich nicht vollkommen klar. Die Kollegin betreibt ein eigenes Wiki
als Database für ihre Dissertation und meinte, sie wolle durchaus nicht
von jemandem geadelt werden, der ihr selbst einen Status als sichtbare
arbeitende Autorin schenkt. Die englische Wikipedia empfing sie hier anders.
Ich sehe da ein Problem, auch wenn ich all die Gründe nachovllziehen
kann, die uns den gegenwärtigen Weg gehen ließen. Meine Sorge ist am
ehesten, daß Komplexität in Entwicklungsprozessen irreversibel ist.
Wikipedia wird komplexer und sie sollte das vielleicht nicht für
Neueisteiger werden,
Gruß,
Olaf Simons
Daniel Kinzler schrieb:
Also, wenn dieses System 2004 existiert hätte, hätte
ich mit Sicherheit nie
angefangen, bei Wikipedia mitzumachen. Und wenn wir es bekommen, verabschiede
ich mich.
Es wäre schön, Strukturen transparenter zu machen und Prozesse besser zu
definieren. Aber wenn dadurch aus Wikipedia ein Pfadfinderverein wird, mach ich
nicht mehr mit.
Mit erschrockenen Grüßen,
Daniel aka Duesentrieb
Ziko van Dijk schrieb:
*Wikimedia und Benutzerfreundlichkeit: Bessere
Wikipedia durch besseres
"Ranking"*
'Es wird immer schwieriger bei der Wikipedia mitzumachen, dessen ist sich
auch die [[Wikimedia Foundation]] bewusst. Dank einer Spende der Stanton
Foundation konnte eine Projektmanagerin angestellt werden. Das Team von
Naoki Kimura wird Vorschläge zur Benutzerfreundlichkeit machen. In einem
Interview mit Ziko van Dijk verrät sie erste Testergebnisse und den nächsten
Schritt.
ZvD: Liebe Naoki, vor einiger Zeit hast du uns erzählt, dass du einige
Untersuchungen über die Probleme unserer neuen Benutzer durchführen wirst.
NK: Ja, die ersten Ergebnisse haben bestätigt, dass neue Wikipedia-Benutzer
es sehr schwierig finden, sich der bereits bestehenden Community
anzuschließen, ein Teil davon zu werden und deren Regeln zu lernen.
Besonders erschwert wird dies dadurch, dass die Regeln sich ändern können
und es keine deutliche Autorität gibt. Man weiß nicht, an wen man sich
wenden soll.
ZvD: Das ist genau das Wiki-Prinzip, das die Wikipedia groß gemacht hat.
NK: Aber ist es auch dazu geeignet, die Wikipedia am Laufen zu halten? Wir
verlieren eine Menge Leute oder verschrecken sie noch bevor sie sich
anschließen, das zeigt die Statistik. Die Wikipedia kann nur voranschreiten,
wenn sie ein neues kollaboratives Prinzip annimmt.
ZvD: Also angenommen, ich wäre ein neuer Benutzer, was würde sich ändern?
NK: Eigentlich haben neue Benutzer heute schon weniger Rechte als
erfahrenere Benutzer. Man kann nicht wählen, man kann keine Versionen
sichten (in den Wikipedias, die bereits Flagged Revisions haben). Das muss
systematischer werden. Als neuer Benutzer startet man also als "rookie
user", und nach sechs Monaten, nach Trainings und Tests, kann man ein
"advanced user" und später ein "user major" werden. Ein größerer
Schritt ist
es dann, "editor adjunct" zu werden usw. Letzten Endes kann man ein
"senior
editor general" werden.
ZvD: Ich verstehe. Und was ist mit den Nicht-Autoren?
NK: Du meinst Entwickler und Administratoren? Das wird genauso oder ähnlich
sein.
ZvD: Und der „Oberbefehlshaber“ der drei Truppenteile ist dann [[Jimmy
Wales]]?
NK: Ja natürlich, das ändert sich nicht.
ZvD: Das Wort "Bearbeitungskrieg" bekommt also eine ganz neue Bedeutung?
NK: Nein, es wird gar keine Bearbeitungskriege mehr geben. Es wird keinen
Streit, keine Unsicherheiten, kein Cybermobbing mehr geben. Wir werden sogar
die Diskussionsseiten abschaffen können.
ZvD: Weil jeder weiß, wer was zu sagen und welche Rechte hat.
NK. Richtig.
ZvD: Aber werden die Wikipedianer ein solches System akzeptieren?
NK: Ach, das ist witzig. Weißt du, ich habe mir deswegen Sorgen gemacht,
bis ich die Idee den Mitarbeitern hier in San Francisco vorgestellt habe.
Die haben mir erzählt, dass sie alle Star-Trek-Fans sind und dass sie sich
als Kinder, beim Spielen, immer mit Captain oder Midshipman oder Commander
angeredet haben.
ZvD: Du hast mich überzeugt. Naoki, ich wünsche dir alles Gute für die
Einführung und danke für dieses Interview.
NK: Weggetreten.
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Dr. Olaf Simons
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