Hallo Pavel
Ich kann in der temporären Situation auch nicht
wirklich ein Problem
sehen und finde die Verlängerung des Vertrags von Sebastian
nachvollziehbar und naheliegend. Und Achmins Bauchweh lässt sich
vielleicht ganz einfach mildern: Durch Vorstandsbeschluss oder - falls
nötig - durch Beschluss der MV wird festgelegt, das ein Wechsel vom
Ehrenamt in ein Angestelltenverhältnis erst sechs Monate nach Ende des
Ehrenamts / Vorstandsamts möglich ist. Dies verhindert einen Wechsel mit
Geschmäckle, ohne jedoch aktive Vorstandsmitglieder daran zu hindern,
sich auf eine Stelle zu bewerben. Sie müssen halt nur rechtzeitig ihr
Vorstands"amt" zurückgeben. Auch wenn es bei den aktuell handelnden
Personen sicher ein Overkill ist (schliesslich scheint keiner der
derzeitigen Vorstandsmitglieder Ambitionen auf die permanente Besetzung
der Stelle zu haben), so wäre für zukünftige Vorstände die Sache ein für
alle mal geklärt. Einer notwendigen Übergangslösung wie der aktuellen
stände so ein grundsätzlicher Beschluss auch nicht im Wege.
Wenn wir solche Regelungen betrachten, müssen wir uns immer vor Augen
halten, welches Verhalten dem Verein am meisten nützt. Bei einer
Einstellungssperre von sechs Monaten ergibt sich die Problematik, dass
der potenziell beste Kandidat für eine Stelle nicht angestellt bzw. sich
die Geschäftsführung aufgrund der Sperre im Grenzfall für einen weniger
geeigneten Kandidaten entscheiden muss. Historisch betrachtet hatten wir
immer Vorstandsmitglieder, deren Engagement über das der "Norm"
hinausging und die, ob angestellt, ehrenamtlich oder als freier
Mitarbeiter tätig, zum großen Vorteil des Vereins gewirkt haben. Diese
Möglichkeit grundsätzlich zu verschließen würde bedeuten, über das Ziel
hinauszuschießen, insbesondere da Vorstandsmitglieder direkt und jedes
Jahr von der Mitgliederversammlung gewählt werden, ihnen also sowieso
schon ein großes Vertrauen entgegengebracht wird. Das gilt insbesondere,
wenn Philipps Antrag zur Änderung des Wahlverfahrens für die Beisitzer
angenommen wird. Dann würden nur noch Kandidaten gewählt werden können,
die von mindestens der Hälfte der abstimmenden Mitglieder unterstützt
werden.
Gleichzeitig sind Transparenz und Willkürfreiheit auch wichtige Werte,
die man nicht einfach ignorieren kann. Dem wäre auch gedient, wenn
gewährleistet wird, dass:
* Einstellungen von Vorstandsmitgliedern der Zustimmung des
Gesamtvorstandes bedürfen, vielleicht mit einer 2/3-Mehrheit, und
* die Einstellung ausreichend begründet und insbesondere die Vorteile
des Vereins im Vergleich zur Einstellung eines anderen Kandidaten
dokumentiert werden, und
* das betroffene Vorstandsmitglied sich der Beschlussfassung zur
Einstellung entzieht.
Damit wäre potenziellen Interessenkonflikten vorgebeugt und die
Einstellung von Vorstandsmitgliedern eindeutig als Ausnahme bezeichnet,
ohne dass die Handlungsfähigkeit des Vereins gewichtig beeinträchtigt wäre.
Wichtiger noch erscheinen mir zwei andere Punkte: Zum
einen die Frage,
warum die Stelle bisher nicht besetzt werden konnte. In einem der
Monatsberichte aus dem letzten Jahr hiess es, es sei eine dreistellige
Zahl an Bewerbungen eingegangen. Warum ist es dann so schwer, einen
Kandidaten zu finden? Stimmt was in der Stellenbeschreibung nicht? Ist
die Stelle nicht gut genug dotiert? Gibt es ein Problem im
Auswahlprozesse?
Wir hatten eine sehr große Anzahl an Bewerbern, von denen sich die
weiter Mehrheit als nicht passend herausgestellt hat. Das liegt unter
anderem auch an der besonderen Natur der zu besetzenden Stelle. Es wird
jemand gesucht, der nachweislich gute geschäftsführende Erfahrung
gepaart mit Verständnis für ehrenamtliches Engagement, hoher
Internet-Affinität und Fähigkeit zur professionellen Spendenakquise hat.
Es soll jemand sein, der die Rahmenbedingungen und Vorgaben unserer
Projekte und Satzungsziele versteht und die nötige Sensibilität
mitbringt, die beim Zusammenspiel mit der Community notwendig ist.
Einzeln waren diese Fähigkeiten durchaus bei vielen Bewerbern vorhanden.
Aber die Kombination bereitet uns Probleme. Wir hatten sehr gute Venture
Capitalists/Startup-CEOs, sehr gute Internet- und Freies-Wissen-Fans,
sehr gute kaufmännische Geschäftsführer/Controller, sehr gute
"Community-Manager für soziale Netzwerke". Aber es kam bis auf einen
niemand an die Kombination ran, die sich der Vorstand im Ganzen
vorgestellt hat. Und dieser Kandidat hatte Schwierigkeiten dabei, das
Vertrauen des Vorstandes zu gewinnen und zu erhalten.
Ohne die Gründe zu kennen, würde ich doch
vorschlagen,
mal über den Einsatz einer entsprechenden Fachfirma ("Headhunter")
nachzudenken. Die wirklich Guten suchen ja nicht nur einen Kandidaten,
sondern begleiten den gesamten Prozess von der Stellenbeschreibung bis
zur Gehaltsfrage als neutrale Moderatoren und Mittler. Der Nachteil
besteht natürlich in den gewaltigen Kosten solcher Dienstleistungen.
Andererseits hat der Verein in diesem Jahr eine Budgetplanung von
944.000 € und damit Verantwortung über Spendengelder in wirklich
bemerkenswerter Höhe. Da ist es schon eine Frage der Verantwortung
diesen Spendern gegenüber, dass ein langfristig orientierter und vor
allem erfahrener Geschäftsführer das Tagesgeschäft anleitet und
verantwortet. Keine leichte Abwägung, ohne Frage.
Die Nutzung einer Personalberatung prüfen wir zur Zeit. Ich habe nächste
Woche Mittwoch einen Termin bei einer Firma, die uns von einem guten
Kontakt in der Berliner Wirtschaftsförderung vermittelt wurde. Wir
hatten uns letztes Jahr schon einmal die Kosten angesehen und uns damals
auch deswegen dagegen entschieden, weil solche Firmen in meiner eigenen
Erfahrung und der der der WMF nur selten geeignete Kandidaten für
Stellen vermitteln können, die ein vergleichsweise "exotisches"
Stellenprofil vorweisen. Nach dem Gespräch am Mittwoch werden wir sehen,
ob es bei diesem Unternehmen anders ist.
Zweitens ist die Frage nach der Haftung des Vorstands
absolut zentral,
insbesondere, wenn man bedenkt, wie groß der Verein wirtschaftlich
inzwischen ist und das es sich um bewunderswertes ehrenamtliches
Engagement handelt. Da ist es tatsächlich sehr wichtig, diese Frage
sauber und im Interesse der handelnden Menschen zu klären.
Wie man das Kind dann nennt, ist juristisch sicher wichtig, aber für den
Verein nicht zentral. Was ich aber wichtig finde ist die Offenheit des
Prozesses: Aus meiner Sicht muss mindestens die Stelle des
hauptamtlichen Vereinsgeschäftsführers / hauptamtlichen Vorstandes
öffentlich ausgeschrieben werden, mit einem klaren Anforderungsprofil
und absoluter Transparenz. So gesehen war das aktuelle Verfahren sicher
schon im Prinzip richtig - wenn es auch leider (noch) nicht erfolgreich
war, womit ich wieder bei der ersten Frage oben angelangt bin.....
Eine öffentliche Ausschreibung gibt es auf jeden Fall. Nur so lässt sich
ein umfangreicher Kandidatenpool mit der Chance auf eine gute Anzahl
geeigneter Kandidaten garantieren. An der grundsätzlichen Art des
Auswahlverfahrens gibt es auch innerhalb des Vorstandes keinen Zweifel.
Worüber wir primär nachdenken ist, über welche Wege potenzielle
Kandidaten in Ergänzung zu den vorher verwendeten Kanälen angeworben
werden können.
Wirklich nicht leicht, das janze....
Leicht kann
jeder.
Beste Grüße
Sebastian