[Wikide-l] Adieu Wappen

Klaus Graf klaus.graf at geschichte.uni-freiburg.de
Di Mär 8 20:42:15 UTC 2005


Das Gutachten sagt: "Daneben können Wappen etc.
namensrechtlichen Schutz genießen. Dies ist dann der Fall,
wenn sie aufgrund ihrer individualisierenden
Unterscheidungskraft geeignet sind, auf den Namensträger
hinzuweisen. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass eine
bestimmte Institution oder Person mit einem Wappen etc.
bezeichnet werden soll und kann (z.B. Universitätsemblem,
Rotes Kreuz).

Besteht urheberrechtlicher oder namensrechtlicher Schutz,
dürfen entsprechende Flaggen, Wappen oder sonstige Symbole
nicht ohne Weiteres bei Wikipedia eingestellt werden.
Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer Genehmigung durch
die jeweiligen Rechtsinhaber."

Da Kommunalwappen namensrechtlichen Schutz geniessen, sind
alle Kommunalwappen, soweit keine Genehmigung der Kommunen
vorliegt, zu loeschen. Ich halte das fuer falsch und
rechtlich unhaltbar. Es wurde auf Wikipedia:Wappen schon
sehr oft der Unterschied zwischen einem Wappen
fuehren/verwenden und einem Wappen zitieren/in
illustrierender Weise gebrauchen als zentral
herausgestellt.  Das Gutachten (das nach meinem
bescheidenen Dafuerhalten mehr als enttaeuschend ist, da es
sehr triviale Teile enthaelt, gegenueber denen unsere
Artikel zu diesen Punkten samt Diskussionsseiten bereits
wie juristische Kommentare anmuten) geht darueber hinweg.

Der Fehler hat System, liest man die folgenden
Ausfuehrungen:

"Auch wenn das Einstellen von Abbildungen von Marken und
Firmennamen in die Wikipedia-Artikel unter marken- und
firmenrechtlichen Gesichtspunkten in der Regel problemlos
möglich ist, können in der Praxis Probleme entstehen, wenn
die entsprechenden Abbildungen unter die GNU FDL gestellt
werden.

Denn die GNU FDL gestattet die umfassende Nutzung und kann
damit nach ihrem Wortlaut auch solche Nutzungen erfassen,
die – anders als das Einstellen in eine Enzyklopädie –
marken- und firmenrechtsverletzend sind. Da gleichzeitig
für den Nutzer nicht stets erkennbar ist, dass es sich um
eine Marke oder eine Firma handelt (nicht jede Marke ist so
bekannt wie Coca Cola®), besteht hier die Gefahr, dass
dieser – ohne dies unbedingt zu wollen – Markenverletzungen
begeht, für die er dann dem Rechtsinhaber gegenüber
einzustehen hat.

Markenabbildungen etc. sollten daher nicht unbedingt unter
der GNU FDL lizenziert werden."

Auch wenn wir immer wieder auf Diskussionsseiten
herausgestellt haben, dass GNU FDL NUR und AUSSCHLIESSLICH
das eigene Urheberrecht nach dem UrhG des Erstellers des
Bilds betrifft, andere Rechte aber unberuehrt laesst - das
von "uns" bezahlte Gutachten kuemmert sich darum nicht. Die
gleiche verquere Argumentation gilt dann fuer Aufnahmen
lebender Personen, siehe [[Recht am eigenen Bild]], da auch
hier eine kommerzielle Nutzung nicht von den Ausnahmen des
KUG gedeckt ist. Wenn also, einem Beispiel Stahlkochers
folgend, jemand Carlos-Santana-T-Shirts von einer Abbildung
 unter GNU FDL aus der Wikipedia druckt (und die GNU FDL
natürlich auf die Innenseite), so verstoesst er natuerlich
gegen das Persoenlichkeitsrecht Santanas. Aber die
Argumentation des Gutachtens haette, uebertragen auf
Personenfotos, zur Folge, dass wir keine GNU FDL-Bilder
Santanas zeigen duerfen.

Wenn wir uns an die Vorgaben des Gutachtens halten und
solche problematischen Bilder von Markenlogos und Wappen
nicht mehr unter GNU FDL stellen duerfen, unter welche
Lizenz denn um Himmels willen MEINUNGSBILDKONFORM dann?
Public Domain und CC-BY und CC-BY-SA sind doch wohl keine
ernsthaften Alternativen, da sie noch viel mehr
Moeglichkeiten des Missbrauchs bieten und auch die
beliebige kommerzielle Verwertung zulassen.

Da malt jemand mit viel Liebe ein Stadtwappen selbst (nach
der amtlichen Blasonierung) und holt die Genehmigung der
Stadt ein, aber das Bild ist nur dann verwendbar, wenn eine
meinungsbildkonforme Lizenz vorliegt. Wer kann denn
ernsthaft glauben, dass irgendeine Kommune ihm erlauben
wird, es unter GNU FDL zu stellen, wenn das Gutachten Recht
hat? Damit wuerde die Kommune doch alle kommerziellen
Verwendungen ihres Wappens (nicht nur die meines Erachtens
genehmigungsfreie Verwendung in einer Enzyklopädie, sondern
auch eindeutiges "Fuehren" etwa im Briefkopf) in dieser
Abbildung fuer alle beliebigen Zwecke unwiderruflich
freigeben. Und wenn wir in ein paar Jahren das wichtigste
kulturelle Unternehmen auf diesem Erdball sind: das koennte
die Kommune nie und nimmer tun.

Konsequenzen:

a) wir verzichten auf Wappen usw.
b) wir aendern das Meinungsbild (Abstimmung ist in
Vorbereitung)
c) wir ignorieren das Gutachten, weil es an dieser Stelle
falsch ist.

Ich waere fuer b) und c).

Klaus Graf