[Wikide-l] Hitchcock film als Public Domain?!

Agon S. Buchholz asb at kefk.net
Mi Jun 8 08:29:03 UTC 2005


Ulrich Fuchs wrote:

> Nach deutschem Recht läge vermutlich ein gemeinsames Urheberrecht von
> Drehbuchautor, Regisseur und Produzent vor (und das sind alles
> Personen). Sprich: 70 Jahre, nachdem der letzte davon tot ist, wird
> das Werk gemeinfrei.

Nicht ganz vollständig und auch nicht ganz richtig, aber in der 
Grundidee korrekt. Auszug aus Homann, "Praxishandbuch Filmrecht", S. 
138: "Das Urheberrecht am Filmwerk erlischt gemäß dem 1995 eingeführten 
§ 65 Abs. II UrhG 70 Jahr nach dem Tod des Längstlebenden der folgenden 
Personen: Hauptregisseur, Urheber des Drehbuchs, Urheber der Dialoge 
oder Komponist der für das betreffende Filmwerk komponierten Musik". 
Hinzu können Schutzfristen anderer Miturheber kommen wie bspw. 
"Kameramann, Cutter, Mischtonmeister". Bei anonymen und pseudonymen 
Werken erlischt das Urheberrecht nach § 66 Abs. 1 UrhG 70 Jahre nach der 
Veröffentlichung bzw. Erschaffung des Werkes. Relativ sicher hat 
jedenfalls der Produzent bzw. die Produktionsfirma *keine* Urheberrechte 
an einem Filmwerk; welche Recht dem Filmhersteller übertragen werden 
können, regelt § 88 ff. UrhG.

Anders dagegen die Leistungsschutzrechte des Filmherstellers, die 
unabhängig davon sind, ob es sich überhaupt um ein urheberrechtlich 
schutzfähiges Filmwerk (§ 94 UrhG) oder ein Laufbild (§ 95 UrhG) 
handelt; das Leistungsschutzrecht erlischt bei einem Filmwerk nach § 94 
Abs. III UrhG, nochmal Homann, "50 Jahre nach dem Erscheinen oder nach 
der ersten erlaubten öffentliche[n] Wiedergabe". In speziellen Fällen 
läuft diese Schutzfrist 50 Jahre nach der Herstellung ab.

[ Ablauf von Urheber- und Leistungsschutzrechten in der 
angloamerikanischen Copyright-Tradition ]

Durch die unterschiedlichen Urheber-/ Copyrighttraditionen zwischen 
angloamerikanischem und kontinentleuropäischen Rechtssystem vermute ich 
mal, dass es hier reichlich Raum für juristische Abhandlungen und 
Prozesse gibt; ich würde daher mal davon ausgehen, dass konkrete 
Anwendungsfälle in der theoretischen Literatur nur diskutiert, letztlich 
aber vor Gericht geklärt werden müssen. Ich bin mir nicht sicher, ob 
ausgerechnet die Wikimedia Foundation diese Klärungen forcieren sollte.

Mich würde dabei mal interessieren, nach welchen Kriterien welches 
Rechtssystem eigentlich Anwendung findet, vielleicht weiß ja dazu jemand 
etwas konkretes; fällt ein in Deutschland veröffentlichter Film 
automatisch unter deutsches Urheberrecht, oder entscheidet das 
Herkunftsland (Produktionsland) über den Rechtsrahmen? Oder werden 
automatisch die längsten Schutzfristen wirksam? Welche Auswirkungen auf 
die Bestimmung des Herkunftslandes hat dann eine Koproduktion, 
beispielsweise zwischen Luxemburg und den USA, oder eine US-Produktion 
mit einem polnischstämmigen Regisseur?

MfG -asb