[Wikide-l] Wikipediagate, die nächste (danke, daß in 36 Stunden alles vorbei ist)

Mathias Schindler neubau at presroi.de
Sa Mai 21 08:57:28 UTC 2005


Thomas Klink vom "Schenefelder Tageblatt" hat sich nun auch der Sache 
angenommen:

http://www.schenefelder-tageblatt.de/fr_rechts.php?aid=21657&kat=5&dir=/Homepage/news

Der Artikel listet soweit das Bekannte auf, hat aber im letzten Absatz 
noch eine sehr spannende Ergänzung parat:

	Als Konsequenz aus den Beschuldigungen forderte
	Schröder, der Mitglied des Unterausschusses Neue Medien
	ist, gestern im Gespräch mit unserer Zeitung, dass jedes
	Bundestagsbüro eindeutig über die IP zu identifizieren
	sein muss. „Dies ist zum Schutz vor Missbrauch wichtig“,
	sagte er.

Diese Forderung ist, wenn sie korrekt vom Journalisten widergegeben 
wurde, eine durchaus tiefgreifende. Es sind zwei Lesarten möglich:

1. Der Bundestag fertigt auf seinem Proxy, Router, Wasauchimmer (nmap 
mail1.bundestag.de anyone? :)) logfiles an, die eine Zuordnung von 
interner IP-Adresse nach besuchter Seite erlauben. Kommt es zum 
Streitfall, kann nachgesehen werden, welches Büro auf 
www.ruettgersganznackig.de oder www.jusoswarez.com war.

2. Der Bundestag greift sich ein paar Klasse-C-Netze und gibt jedem 
Abgeordneten eine eigene IP, die nach schroeder.cdu.bundestag.de 
auflöst. Oder halt eine langweilige Laufnummer (hint: Raumnummer, damit 
wenigstens beim Ableben von MdBs weitestgehend der Wartungsaufwand 
niedrig bleibt). Sowas nennt man "Das Kind mit dem Bade ausschütten". Ab 
sofort hätte man einmal in der Woche ein "MdB aus Hintertupfingen 
vandaliert hier, dort, sonstwo". Spannend wäre es natürlich auch, daß 
nun Seitenanbieter besuchersensitiven Kontext anbieten könnten. 
Sozialdemokraten könnten so systematisch von allen Seiten über dieses 
oder jenes Thema ausgesperrt werden. Die Onlinedemos könnten sich 
gezielt an die MdBs wenden, gegen die man ist (die anderen bekommen ein 
Dankeschön-Banner). Ich überlasse es dem geneigten Leser, sich hier neue 
Gedanken zu machen, was man damit noch alles anstellen könnte ("Phishing 
for Compliments").



Der zweite Newstreffer kommt von Telepolis (Randnotiz: Die neue 
journalistische Nahrungskette lautet derzeit: Blogs -> 
Fachonlinemagazine -> NZ/Spon -> Print -> Telepolis)

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20139/1.html

In dem Text von Torsten Kleinz wird wohltuend darauf hingewiesen, wie 
langweilig doch ader Anlass ist (hat medienrauschen bzw. 
http://fx3.org/blog/2005/05/18/wahlkampf-via-wikipedia/ schon gemacht).

Kleinz hat es mit den Fakten einigermaßen im Griff, verwechselt eine IP 
mit einem Wikipedianer (wobei letzteres begrifflich sehr unscharf ist) 
und mault noch ein wenig herum (was er ja schon in der Diskussion hier 
und dort tat). Unspektakulär und angenehm antihysterisch. Lesenswert vor 
allem, weil er auch ein wenig auf den Rummel eingeht, der eigentlich 
nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Fall zu tun hat.


Grüße,
Mathias