[Wikide-l] Loeschwahn und fachkundige Mitarbeiter

Agon S. Buchholz asb at kefk.net
Mi Jul 20 12:56:13 UTC 2005


Klaus Graf wrote:

> Stuss und Vanity-Artikel muessen weg, keine Frage. Bei sauberen Stubs
> und serioesen Artikeln, die fuer ein - wenn auch sehr spezielles -
> Fachgebiet von Bedeutung sind plaediere ich fuer erheblich mehr
> Toleranz.

Gerade bei spezialisierten Artikel aus Fachwissenschaften ist das ein 
ewiges Problem; gerne werden auch Löschanträge mit der Begründung 
gestellt, der Artikel sei nicht allgemeinverständlich, auch wenn die 
Artikel zumindest aus Fachperspektive gegenüber einem spezialisierte 
Nachschlagewerk schon erheblich simplifiziert sind. Statt nun fünf 
Minuten in die Verbesserung der Artikelformulierung zu investieren, 
palavern die Löschinqusitoren lieber fünf Stunden über angebliche 
"enzyklopädische Nichtrelevanz" solcher spezialisierten Artikel. Es ist 
ja auch viel einfacher, einfach normativ aus der Perspektive des 
Nichtwissenden (altgr. idiótes, also aus der idiotischen Perspektive der 
"Privatvernunft") eine Nichtrelevanz zu behaupten, als sich in ein 
Fachthema einzudenken. Ich habe es auch immer als ziemlich widerlich 
empfunden, wenn jemand die eigene Nichtkenntnis eines Begriffs oder 
Sachverhalts zur Begründung eines Löschantrags anführt, trotzdem kann 
man von solchen idiotischen Laien zu zeitfressenden und inhaltlich 
sinnfreien Debatten gezwungen werden.

Ich habe derartige Löschanträge immer für einen Mißbrauch des 
Wartungsinstruments des Löschantrags gehalten und auch immer wieder zu 
erklären versucht, dass subjektive Festlegungen einer angeblichen 
"enzyklopädische Relevanz" für ein Werk wie die Wikipedia nur ein 
Un-Kriterium sein können; es gibt in der Wikipedia einfach keine 
kontollierte Lemmaselektion und folglich kann "enzyklopädische Relevanz" 
auch kein Ausschlußkriterium sein. Das schließt insbesondere Fachartikel 
ein, die bei durchschnittlichem Pisa-Bildungsniveau nicht bekannt sind, 
aber auch kulturhistorisch vernünftig aufbereitete Abhandlungen zu 
Alltagsgegenständen.

Mein zentrales Argument gegen die Verfolgung von spezialisiertem 
Fachwissen in der Wikipedia war in diesen Diskussionen, dass 
Vertiefungswissen in der Wikipedia nicht stört, weil Kollege Pisa mit 
hoher Wahrscheinlichkeit eben *nicht* auf diese Artikel stoßen wird; der 
typische Benutzer will etwas zu einer für ihn relevanten Frage wissen 
und nur wenige Benutzer erkunden die Wikipedia ausschließlich über die 
Funktion "Zufälliger Artikel" - und das ist der einzige Weg, auf 
sinnvoll lemmatisierte Spezialartikel zu stoßen. Fachwissen mag in einer 
gedruckten Universal-Enzyklopädie stören, da ein Seitenlimit eingehalten 
werden muß, es gibt jedoch einfach keinen rationalen Grund, der gegen 
vernünftig aufbereitete Spezialartikel in der Wikipedia spricht. Wir 
haben ja eben keine Seitenlimits, und daher kann nur der Artikelinhalt 
selbst das Relevanzkriterium sein, nicht ein Lemma, das die 
Pisa-Inqusitoren nicht kennen.

MfG -asb