[Wikide-l] Mal wieder ein Vergleich ohne Brockhaus....

Dirk Ingo Franke dirk at png-online.de
Di Dez 14 23:10:59 UTC 2004


> Dafür steht 
>da jetzt mal wieder, dass der heutige Parlamentarismus keine Demokratie sei, 
>sondern eine Aristokratie, jaja...
>

Moment, da steht nicht, dass das so sei, sondern dass es nach der Verfassungseinteilung des Aristoteles so sei.

zitat wikipedia: "Der heutige Parlamentarismus, d.h. die sog. Repräsentative Demokratie, ist _nach der klassischen Verfassungssystematik des Aristoteles_ keine Demokratie sondern — je nach Wertung — eine Aristokratie oder eine Oligarchie."

Das ist zugegebenermaßen ein etwas hinkender Vergleich, weil A. sich sowas wie mittelbare Herrschaft nicht vorstellen konnte. Aber wenn man davon ausgeht, dass Herrschaft für A. direkt sein musste, weil sie sonst nicht vorstellbar ist, eher richtig denn falsch. Was nun wiederum nach Aristoteles auch noch ein Kompliment ist:

zitat aristoteles zur aristokratie:
"Die Herrschaft von wenigen, aber doch immer mehr als von einem [nennen wir] Aristorkratie, sei es nun, daß dies heißen soll Herrschaft der Besten oder daß es bedeutet, ihr Zweck sei das Beste des Staates und der Gesellschaft" (Politeia III 7)

Zu bemerken ist, dass A. nicht die geringste Aussage darüber macht, wie die wenigen bestimmt werden.

zitat aristoteles zur demokratie:
"wenn endlich die Mehrheit des Volkes den Staat mit Rücksicht auf das Gemeinwohl verwaltet so wird dies Politeia genannt. Dies mit Recht, denn daß ein einzelner oder eine Minderzahl sich durch besondere Tugend auszeichnet, kann leicht vorkommen, daß aber eine größere Zahl es zu jeder Art von Tugend im strengen Sinn bringt, ist schon eine schwierige Sache. ... Die Abarten der genannten Verfassungen sind ... von der Politeia die Demokratie. Demokratie ist [eine Art von Herrschaft], welche zu dem [Gunsten] der Armen geführt wird, und auf das was dem ganzen Gemeinwesen frommt, sieht sie nicht. (Politeia III 7)

Extrem wichtig hingegen ist der Satz, dass was man heute in der Schule als "Demokratie in Deutschland" lernt mit dem ursprünglichen theoretischen Konzept nur mäßig viel zu tun hat. Demokraten und Liberale/Rechtsstaatler/Verfassungsanhänger waren lange Zeit historisch erbitterte Feinde, die beiden Konzepte von Demokratie und  von Rechtsstaat/Menschenrichten sind auf einer theoretischen Ebene nur schwer überhaupt vereinbar. die frühen Theoretiker wie Tocqueville/ John Stuart Mill (für Freiheit/Menschenrechte, gegen Demokratie) oder Bentham und der gesamte frühe Sozialismus (gegen unabänderliche Rechte/ für Demokratie) wussten das auch noch.

Dirk/southpark  


(Der jedesmal aufheulen möchte, wenn jemand sein Recht auf Meinungsfreiheit mit "demokratischen Prinzipien" begründet - sowas ist bullshit)