[Wikide-l] Mal ein wenig Lob :)

Oliver Kamper oliver.kamper at gmx.de
So Dez 5 00:40:43 UTC 2004


- Dieser Beitrag ist lang und enthält keinerlei relevante Information im
Sinne von konstruktiven Vorschlägen, Ideen oder ähnlichem. Er dient rein dem
kommunikativen Selbstzweck. Für durch das Lesen dieses Artikels verlorene
Zeit übernimmt der Autor keine Haftung! -

>U. Fuchs wrote:
>Da schmeißt Du zwei Dinge in einen Topf: Erstens, dass ein Lehrer seine 
>Schüler offenbar noch lobt, wenn sie mit der Wikipedia als Quelle ankommen,

>die mindestens so unzuverlässig ist wie der Rest des Internet, aber aus 
>unerfindlichen Gründen noch immer als seriöse Quelle angesehen wird (noch 
>schlimmer: Die Unsitte, Wikipedia als Quellenangabe zu liefern, scheint 
>mittlerweile schon bei ein paar Studenten angelangt zu sein). Anders 
>formuliert: Wenn man Schülern beibringt, dass das Internet/die Wikipedia
>die (mühsame) Lektüre eines Buches ersetzen, braucht man sich nicht
>wundern, wenn Studienanfänger Probleme haben, zusammenhängende Texte zu
>verstehen, die mal über ne Bildschirmseite rausgehen. 

Warum sollen Lehrer ihre Schüler nicht loben, wenn diese die Wikipedia als
Quelle benutzen? Ein gutes Referat genau wie jeder Vortrag,
wissenschaftlicher Artikel o. Ä. ist nur gut mit mehreren Quellen, das weiß
jeder Schüler aber ein Herr Fuchs anscheinend nicht. Und auch für Studenten
lohnt es sich, das freie (in diesem Fall meine ich kostenlose) Wissen der
Wikipedia mit in ihre Arbeiten einzubinden.

Warum sollte die Lektüre eines Buches mühsamer sein als die des Internet/der
Wikipedia? Ist es nicht vielmehr so, dass man für beides hauptsächlich des
Lesens mächtig und des Filterns von Informationen fähig sein sollte (-->
[[Medienkompetenz]])?  Den Mehraufwand des Seitenumblätterns sehe ich durch
Mausklick-Notwendigkeit mehr als kompensiert *g*.

>Das zweite Thema ist, das genau die Leute, die glauben, dass Wikipedia eine

>verlässliche Quelle für Schulaufsätze sein könnte, mittlerweile einen nicht

>zu unterschätzenden Teil der Wikipedia-Inhalte verfasst haben - und zwar 
>dadurch, in dem sie ihn sich aus dem Web zusammengoogelt haben (Ausnahen 
>bestätigen natürlich die Regel). Damit wird aber bestenfalls Abiturniveau 
>erreicht, und das ist nicht das, was eine Enzyklopädie leisten soll: 
>Annähernd absolute Verläßlichkeit. Abiturniveau ist gut - aber es 
>kennzeichnet gerade das Ende der gymnasialen Ausbildung. Schüler sind
>nunmal noch keine Meister. Das, was wir in einer Enzyklopädie brauchen, ist
>aber halt nunmal die Stufe darüber, wenn man die Wikipedia als eine Quelle
>für die Ausbildung selber betrachtet.

Ich weiß überhaupt "halt nunmal" nicht, was gegen Abiturniveau zu sagen ist?
Das Abitur ist immerhin der Abschluss der klassisch schulischen Ausbildung.
Abiturienten haben (so sie fähige Lehrer hatten) ein allgemeines Wissen über
die meisten Bereiche klassischer Bildung erlangt und sind somit durchaus in
der Lage enzyklopädische Artikel zu verfassen, die daraufhin von Fachleuten
des entsprechenden Gebietes erweitert werden können. Auch und gerade weil
die Wikipedia sich aber noch in den Kinderschuhen befindet sollten
Wikipedia-Autoren darauf bedacht sein primär Artikel zu Themen des
"Allgemeinwissens" zu verfassen welche sich zudem nicht zu sehr in Details
verlieren sollten.

>Für die die es anders formuliert haben wollen: Wikipedia kommt derzeit der 
>gesellschaftlichen Verantwortung, die sie eigentlich haben müsste und die
>ihr  von Seiten mancher Lehrer offenbar bereits zugeschrieben wird, nicht
>nach - und das ist das allerschlimmste an der aktuellen Situation. Sie
>*will* gar nicht mehr Qualität liefern (was sie unbedingt tun sollte, wenn
>Schüler anfangen, sich auf sie zu verlassen). Sie muss eben besser sein als

>Schulniveau sein *wollen*, kann eben nicht zusammengegoogelt werden. Die 
>Wikpedia ergeht sich derzeit aber lieber darin, so zu tun, als würde sie 
>Qualität enthalten, indem sie das in ihr enthalte Halbwissen mit allerlei 
>buntem Firlefanz aufpeppt, immer mehr von diesem Halbwissen anspeckt, und 
>nach wie vor glaubt, dass ausufernde Breite ein Ersatz für mangelnde Tiefe 
>(alias Oberflächlichkeit) sein kann.

Wikipedia kommt sehr wohl einer gesellschaftlichen Verantwortung nach - mehr
noch als Brockhaus und Co - indem das Wissen (von dem zugegeben einiges
ungeprüft ist und deshalb durchaus auch falsch sein könnte) frei und
mehrsprachig verfügbar ist.
Der gesamte letzte Absatz ist doch "halt nunmal" (in dieser Kombination
übrigens toll "halt" - "nunmal" (*1) ) polemischer, unkonstruktiver
Blödsinn.
Egal welches Wissensgebiet man sich auch aussucht und egal wie lange man
sich damit beschäftigt: niemand wird zu Lebzeiten ALLES zu diesem einen
Thema wissen. Halbwissen ist also eine Notwendigkeit, ja sogar der einzige
Zustand, in dem Wissen überhaupt existieren kann. Und optisch ansprechende
Aufbereitung eines Artikels ist ein wohl kaum ein Indiz für fachliche Mängel
im Text.
Deshalb: Die Wikipedia ist mit all ihren Mängeln immerhin ein Ansatz (noch
dazu ein vielversprechender) wenigstens einen Teil des Wissens aufzuzeichnen
und JEDEM (genauer: allen mit Internetzugang) verfügbar zu machen. Wenn du
eine bessere Idee hast, wie man in dir zusagender Qualität und Quantität
Wissen zu einer Enzyklopädie zusammenfassen und frei zugänglich machen kann,
dann schreib das doch hier oder starte selber solch ein Projekt, auf jeden
Fall rede nicht immer nur, sondern unternimm etwas,
der fröhlich googelnde und trotzdem noch was Papier ist wissende Student
(mit Abitur)
Postman Lee
:-)

(*1) "halt nunmal" ist für mich ein klares Indiz für "Halbwissen-Verwender"
bzw. für Aussagen, deren Wahrheitsgehalt noch zu überprüfen ist - ist halt
nunmal so *g*