[Wikide-l] Problem mit GNU FDL-lizenziertem Werk

Agon S. Buchholz asb at kefk.net
Mo Apr 5 16:07:49 UTC 2004


Hallo Matthäus,

vielen Dank für Deinen Vermittlungsversuch!

Das bizarre an diesem Fall ist, dass der betreffende Benutzer ein ganz
fundamentales Prizip des Wissens-Schaffens entweder nicht versteht, oder
absichtlich ignoriert.

>> doch angesichts der massiven Kritik daran, dass es eben nicht 
>> geändert werden darf, ist es mir lieber die WP verzichtet auf das 
>> Werk als dass diese einzige Werk, dass ich im Rahmen meiner 
>> bisherigen Arbeit an der WP nicht verschenke, von Jedermann 
>> verändert werden darf.

Der Benuzter greift in seinem Werk selbst auf wissenschaftliche
Arbeiten, beispielsweise von Watzlawick, zurück, modifiziert diese und
konstruiert daraus seinen "Kommunikationsbaum". Soweit also ein ganz
normaler Vorgang wissenschaftlichen Arbeitens: Man stützt sich auf die
publizierten Vorarbeiten anderer und entwickelt sie weiter.

Nun kommt die Wikipedia ins Spiel und wird für den Versuch genutzt, das
Werk *erstmals* zu publizieren (sonst wäre es ja ohnehin schon
zitierfähig) und es dann auch gleich quasi in derselben Publikation zu
"zitieren"; durch die Konstruktion des "Großzitats" wird das Werk
erstens nicht unter den Wikipedia-üblichen Bedingungen für hochgeladene 
Bilder (GNU FDL oder Public Domain) zu lizenziert, sondern aus dieser 
Missachtung der Wikipedia-Konventionen wird auch noch ein dauerhaftes 
Recht abgeleitet, *sein* Werk nicht modifizieren und weiterentwickeln zu
dürfen. Hier stösst sich die Auffassung des Benutzer nicht nur mit den 
Regeln der Wikipedia, sondern ganz grundlegend auch mit dem, was in der 
Wissenschaft seit 2000 Jahren üblich ist und was man kurz paraphrasiert 
mit "Auf den Schultern von Giganten".

Nun ist dieser "Kommunikationsbaum" anscheinend nirgends in einer
wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht worden, sondern wohl
*ausschliesslich* in der Wikipedia. Daraus leitet der Benutzer in einem
für mich nicht nachvollziehbaren Bruch mit der wissenschaftlichen
Tradition das Recht ab, zwar selbst die Werke anderer Forscher verwenden
zu dürfen, seine eigene Schöpfung aber nicht diesem Diskussions- und
Weiterentwicklungsprozess unterwerfen zu wollen, vermutlich, weil es 
sich dann doch weniger um eine wissenschaftliche Forschungsarbeit, als 
vielmehr um ein Exzerpt aus kommerziellen Schulungsunterlagen handelt.

Nun kommt die grundsätzliche (und noch nicht abschließend geklärte)
Frage hinzu, ob wir nur zu einem "Kleinzitat" sondern auch zum in der
wissenschaft zulässigen Großzitat berechtigt sind. Zu Kleinzitaten ist
ohnehin jedermann berechtigt, zu Großzitaten nur die wissenschaftliche
Forschung und Lehre; wer zu diesen Zitationsformen berechtigt ist, muss
von niemandem eine Genehmigung zum Zitieren einholen, da man sich ja
auch publizierte Arbeiten stützt. Auch das ist vollkommen üblich.

Durch diese schräge Kombination aus (nicht oder nur eingeschränkt
zitierfähiger) Erstpublikation in der Wikipedia (die übrigens im
Widerspruch steht zur Regelung, dass die Wikipedia zur
Theoriedarstellung, nicht jedoch zur Theoriebildung dient) und dem 
unklaren entweder wissenschaftlichen oder kommerziellen Charakter des 
genannten Werks kommt dann diese groteske Situation zustande, dass uns 
die generöse Genehmigung zu einem Großzitat erteilt wird, zu dem wir 
entweder sowieso berechtigt sind, oder wenn nicht, einen Sonderfall in 
die Wikipedia ohne Rechtsgrundlage einbringen mit den o.g. Konsequenzen 
(wir lassen die Wikipedia zur Erstpublikation nutzen, lassen uns jedoch 
die daraus im Normalfall daran anschließende Berechtigung zur 
Weiterentwicklung nehmen).

Damit dürfte die Brisanz der in meinen Augen missbräuchlichen Nutzung
der Wikipedia zur Erstpublikation von Forschungsergebnissen oder
Theorien wohl hinreichend deutlich geworden sein.

MfG -asb